woensdag 22 september 2010

Zwei Gedichte — An die Kunst und An den Künstler — beide von Friedrich Hebbel

An die Kunst

Dir, heilge Kunst! dir hab ich mich ergeben.
Nicht drángt ich mich, du riefst mich zum Altare.
Ich rang mit dir, ob ich mich frei bewahre,
Du siegtest, nimm mich denn auf Tod und Leben!

Nun wollen Träume meinen Blick umweben,
Ich aber schau hinab auf ernste Jahre,
Doch, wie sich auch zum Kampf der Pöbel schare,
Am Endesiegt ein gottgebornes Streben.

Viel trage ich doch schlägt mir die Entbehrung
Der Weltidee, auf deren leib ich hoffe,
Durch Puppen-Larven leicht die Todeswunde.

Was tuts? Die echte Zeugung ist Entleerung
Des  Einzelwesens von dem Weltenstoffe,
Und geht mit ihrem Vater nicht zugrunde.


(Aus: Gedichte — Insel Bücherei 59)


























An den Künstler 


1.


Ob du auch bilden magst, was unvergänglich
durch alle Zeiten wandeln soll und glänzen,
doch wird dich die, in der du lebst, nicht kränzen,
sie wird dir trotzen, stumpf und empfänglich.

Die Menschheit, schon an sich so unzulänglich,

kann sich in ihren enggesteckten Grenzen
nicht einmal aus dem Zauberquell ergänzen,
der aus ihr selbst hervorbricht überschwänglich.

Beklage es, doch einzig ihrethalben,

die mit dem Nichtgenießen dies Verkennen
zu teuer büßt, und nimmer deinetwegen;

denn wollter sie dich gleich zumKönig salben,
so würden dich die Zweifel icht mehr brennen,
durch die du zählst fur aller Götter Segen!



2.

Und ob mich dise Zweifel brennen müsse?
So rufst du aus und möchtest es verneinen,

auch mag der Frost dir unerträglich scheinen,
der oft dich schüttelt bei er Muse Küssen.

Doch sprich: wenn deinen schöpfrischen Ergüssen,
in denen alle Wonnen sich vereinen,
die Schmerzen fehlten, stünden nicht mit Weinen
die Brüder fern so einzigen Genüssen?

Drum nimm sie hin, die Ungerechtigkeiten
der Welt, die dir die Lust des Daseins trüben
und bittern Zwiespalt in dir selbst erwecken.

Sie sind bestimmt, vno Anbeginn der Zeiten,
die höhere Gerechtigkeit zu üben
und einen Zwiespalt größrer Art zu decken.



Friedrich Hebbel (1813-1863)
Aus den Tagebüchern Friedrich Hebbels
__________
Abbildung: Friedrich Hebbel 1855
Gemälde von Carl Rahl (1812-1865)


Zwei andere Gedichte vom selben Autor finden Sie auf unserer niederländischen Schwester-Seite
Tempel der Dichtkunst  in einem Beitrag, gleichfals von heute.

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