Man red't von Zeit und Ort,
von Nun und Ewigkeit:
Was ist denn Zeit und Ort und Nun und Ewigkeit?
Das Licht besteht im Feuer
Das Licht gibt allem Kraft: Gott selber lebt im Lichte.
Doch wär er nicht das Feu'r, so würd es bald zunicht.
Die Sünde
Der Durst ist nicht ein Ding und doch kann er dich plagen;
Wie soll dann nicht die Sünd den Bösen wenig nagen?
Die Gerechtigkeit
Was ist Gerechtigkeit? Das, welches allen gleich
sich gibt, entbeut, geläßt hier und im Himmelreich.
Angelus Silesius (1624-1677) |
Der Glaube
Der Glaube, Senfkorn groß, versetzt den Berg ins Meer:
Denkt, was er könnte tun, wenn er ein Kürbis wär.
Die Hoffnung
Die Hoffnung ist ein Seil; könnt ein Verdammter hoffen,
Gott zög ihn aus dem Pfuhl, in dem er ist versoffen.
Die Zuversicht
Die Zuversicht ist gut und das Vertrauen fein;
Doch bist du nicht gerecht, so bringt es dich in Pein.
Der Zorn
Der Zorn ist höllisch Feu'r; wenn er in dir entbrennt,
So wird dem heil'gen Geist sein Ruhbettlein geschändt.
Dem Spötter taugt nichts
Ich weiß, die Nachtigall straft nicht des Kuckucks Ton,
Du aber, sing ich nicht wie du, sprichst meinem Hohn.
Der Zufall muß hinweg
Der Zufall muß hinweg
und aller falsche Schein;
Du mußt ganz wesentlich und ungefärbet sein.
Teil der Titelseite mit Insignum des Verlags, von Angelus Silesius-Buch Der Cherubinische Wandersmann. |
Die Ichheit schafft nichts
Mit Ichheit suchest du bald die, bald jene Sachen;
Ach ließest du's doch Gott nach seinem WIllen machen.
Die Schönheit
Die Schönheit ist ein Licht; je mehr dit Licht gebrist,
Je greulkicher du auch an Leib und Seele bist.
Mit Schweigen hört man
Das Wort schallt mehr in dir als in des andern Munde?
So du ihm schweigen kannst, so hörst du es zur Stunde.